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DEFAULT : Frankfurter Rundschau
11.06.2010 21:19 (1994 x gelesen)

Frankfurter Rundschau vom 7. Juli 2010

"Was ein richtiger Kartoffelsalat ist"



Unter dem Titel

"Was ein richtiger Kartoffelsalat ist"

berichtete Matthias Arning am 7. Juni 2010 in der Frankfurter Rundschau über das Seppche.

Den kompletten Artikel finden Sie auch auf der Internet-Seite der Frankfurter Rundschau

Traditionslokal in Schwanheim

Was ein richtiger Kartoffelsalat ist

Von Matthias Arning

Mayonnaise ist Teufelszeug. Wer Mayonnaise benutzt, der viertelt auch die Kartoffeln. Kartoffeln aber muss man anders schneiden, sagt Erna Gerber. Kartoffeln, aus denen man einen wirklich guten Salat machen will, und Erna Gerber nimmt für sich in Anspruch, einen wirklich guten Kartoffelsalat zu machen, diese Kartoffel schneidet man in vielleicht gerade zwei Millimeter starke Scheiben. Deswegen sitzt die 78-Jährige an diesem frühen Nachmittag auch bereits wieder im Garten der Gaststätte "Zum Seppche", um die Erdfrucht in Scheiben zu zerlegen. An sonnigen Tagen, berichtet Erna Gerber, fertige sie Salat aus mehr als 15 Kilo Kartoffeln. Den Scheiben setze sie dann Essig, Öl, Pfeffer, Salz und geriebene Zwiebel zu.

Aus dem alltäglichen Geschäft des Traditionslokals in Schwanheim hat sich die alte Frau längst zurückgezogen, um ihren Söhnen Winfried und Peter Gerber die Gaststätte zu überlassen. Aber wenn es um den Kartoffelsalat und die Grüne Soße geht, dann mischt sich Erna Gerber ein.

"Alles, was mit Grüner Soße zu tun hat" und sich auf der umfangreichen Speisekarte finde, könne er empfehlen, sagt Winfried Gerber. Von dem Teufelszeug kommt Erna Gerber übrigens auch nichts an die Grüne Soße, aber mehr verrate sie nicht. Könnte schließlich schon sein, dass sie sich nächstes Jahr beim Festival an der Suche nach der besten Mischung aus den sieben Kräutern beteiligen werde. So recht entschieden sei sie noch nicht, wenngleich die beiden Jungs ein bisschen drängeln. Schließlich habe ihre Mutter "beste Aussichten", ganz vorne zu landen.

Mit Grüner Soße zu tun hat auch das Gericht, das Winfried Gerber eigens zur Weltmeisterschaft vor vier Jahren kreierte. Es heißt bis heute in der Speisekarte "Frankfurter Fußball-Rasen" und wird mit Grüner Soße, Blattsalaten und Eiern gereicht. Acht Euro nimmt das "Seppche" dafür. "Bei mir", sagt Winfried Gerber, "stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis".

Das könne man auf jeden Fall sagen. Gleich gegenüber an der Straße Alt-Schwanheim betreibt Gerbers Frau Kemtong ein thailändisches Restaurant, das ihr Mann ohne Umschweife zu den Besten der Stadt zählt. Leider liege der Standort zu weit von der City entfernt, und doch würden Freunde dieser Küche den Weg in den äußersten Südwesten Frankfurts nicht scheuen.

Was Gerber über seinen eigenen Laden auch sagen kann. Zwar zählt er jede Menge Stammgäste, zumal mittags, aber man dürfe sich nichts vormachen: "Die Geschäfte liefen früher besser", mittlerweile schauten doch viele genau auf den Euro. Und deswegen komme der Weltmeisterschaft auch eine besondere Bedeutung zu: Wenn er in diesen vier Wochen nichts biete, um Publikum zu locken, dann reiße das weitere Lücken, sagt Gerber. Denn für sich genommen ist so eine Fußball-Weltmeisterschaft eine alles andere als gute Zeit für den Gastwirt, schließlich hätten die Leute dann meist anderes im Sinne.

Also überträgt Gerber im hintersten Teil seiner Kneipe auf einer etwa vier Quadratmeter großen Leinwand sämtliche Spiele. Bis zu achtzig Sitzplätze hat er dort, wo auch die Spiele der Eintracht während der Bundesliga-Saison zu sehen sind. Großflächige Bildschirme hängen in dem weiträumigen Biergarten, den man bei Regen auch schließen kann, und wer abseits des anderen Trubels eine Familienfeier auszurichten hat, in dieser Zeit auf das Gekicke allerdings auch nicht verzichten will, dem bietet Gerber den Saal im ersten Stock der Gaststätte. Insgesamt verfügt das Seppche über 600 Plätze.

Während der Spiele variiert Gerber über das mit Rumpsteaks und Schnitzeln überaus ordentliche Standard-Programm hinaus seine Speisekarte: Dann reicht er beim Eröffnungsspiel der Südafrikaner gegen die Mexikaner beispielsweise Nachos und beim Auftreten der Argentinier saftiges Rindfleisch. Laufen die Serben auf, falle ihm auch gleich etwas ein, allein die Australier, die scheinen für den Wirt noch eine echte Herausforderung zu sein: "Was macht man nur zu Australien?", fragt sich Gerber. Eine paar Tage bleiben ihm schon noch.

Zu allen Spielen passt neben seinem Apfelwein aus dem Kahlgrund vor allem das Bier-Sortiment, mit dem sich Gerber "wirklich gut aufgestellt" sieht: Das Dunkle kommt aus Kloster Andechs, das Helle vom Augustiner in München. "Edelstoff" heißt das, die Biermacher "nennen das selbst so". Viel von ihrem "Edelstoff" würden die außerhalb von Bayern nicht verkaufen und ausgesprochen penibel seien die Biermacher, in welchen Gaststätten ihr Gerstensaft überhaupt angeboten werde. "Sehr genau" hätten die sich "das Seppche" angesehen, bevor die erste Lieferung angetroffen sei, berichtet Gerber, der den Laden bereits seit 1982 schmeißt. Jeden Tag zwischen elf und 24 Uhr, sonntags und feiertags zwischen 10 und 23 Uhr.

Lange Zeiten, findet auch Gerber, der mit fünf Kellnern und einem Koch arbeitet. Und selbstredend mit Mutter Erna Gerber, die Anfang der 60er Jahre gemeinsam mit ihrem Mann die Wirtschaft übernommen hatte.

Vielleicht, sagt sie, mache sie nächstes Jahr ja mit bei dem Festival. Bis dahin aber weist sie den Koch an, was alles in die Grüne Soße muss. Und widmet sich selbst der Zubereitung von täglich frischem Kartoffelsalat. Ganz ohne jedes Teufelszeug.


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